Pfarre Gurten
Pfarrkirche zum hl. Stephanus
Wie unsere Pfarrkirche vor ihrer heutigen Gestalt ausgesehen hat, wissen wir nicht. Sie wurde im 14. oder 15. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut oder eigentlich umgebaut, da man ab einer gewissen Höhe feststellen kann, daß auf einer Naturstein-mauer Ziegelmauerwerk aufgesetzt wurde. 75 Prozent aller alten Kirchen wurden in dieser Zeit im damals üblichen gotischen Stil umgebaut. Für diese Welle spätgotischer Kirchenbauten ist erstens die bedeutende Bevölkerungsvermehrung, zweitens eine politisch verhältnismäßig ruhige Zeit und drittens auch das Vorhandensein der handwerklichen und künstlerischen Voraussetzungen und die noch ungebrochene Religiosität des ausgehenden Mittelalters anzuführen. Die Kirche von Gurten hat ein saalartig weites Langhaus mit schmalem Presbyterium, ist also ein im Innviertel üblicher Hallenbau mit Rippengewölbe. Die Zeit ab 1700 ging an unserer Kirche nicht spurlos vorüber. Man hatte bei der Volksvermehrung mit Platzmangel zu kämpfen und weil um 1700 auch der Sakramenten-empfang blühte, baute man eine Seitenkapelle, in der die Beichtstühle untergebracht wurden. Auch in der Kirchenausstattung machte sich ein fortschrittlicher Zug geltend.
Mit den Schwanthalern war ein reges Kunstleben in das mittlere Innviertel um Ried herum eingezogen. Die Schöpfungen dieser Männer entsprachen der Kunstrichtung des Barock ganz hervorragend. Um 1700 kam der herrliche barocke Hochaltar aus den Werkstätten der Schwanthaler unter Dechant Sigmund Stoll zur Aufstellung. Er ist leider nicht signiert. Der Rokokotabernakel hingegen stammt vom Waldzeller Bildhauer Ferdinand Schwanthaler und ist mit 1775 datiert. Der Marienaltar mit dem Aufbau aus Salzburger Marmor wurde mit Hilfe des Nachlasses von Dechant Felix Altmann im Jahre 1779 errichtet. Die Bildhauerarbeiten, vor allem die über dem Betrachter zu schweben scheinende herrliche Madonna, wurden von Johann Franz Schwanthaler geschaffen. Ebenfalls von Ferdinand Schwanthaler sind die zwei wertvollen Prozessionsstangen mit leuchtertragenden Engeln und das barocke Prozessionskreuz.
Schön ist auch das Hochaltargemälde, welches das Martyrium des hl. Stephanus darstellt, sowie ein Gemälde des hl. Sebastian.
Hochaltar der Pfarrkirche Gurten aus der Werkstätte der Schwanthaler, aufgestellt 1700. Tbernakel von Ferdinand Schwanthaler aus Waldzell, signiert 1775.
Von großem Einfluß auf das gesamte Ortsbild war die Änderung des Turmhelms um 1790. Die obere Partie des Turmes wird wahrscheinlich gotisch spitz, wie heute noch St. Georgen bei Obernberg zeigt, gewesen sein. Nun bekam der Turm eine typisch barock anmutende Zwiebelkuppel, deren unterer Teil ungewöhnlich stark eingeschnitten ist. Auf das alte Tuffsteinmauerwerk wurde ein Ziegelaufbau aufgesetzt, eine Turmuhr eingebaut und so dem Turm seine heutige Gestalt verliehen, die einerseits typisch dem Bauformenschatz des bayrischen Barock zugeordnet werden muß, andererseits doch sehr eigenwillig ist. Um 1780 baute der Orgelbauer Gast von Wippenham eine Orgel mit 18 Registern ein. Die jetzige Orgel besitzt 11 Register und wurde 1878 vom Orgelbauer Ehrlich in Braunau geliefert. Auch sonst hat unsere Kirche noch manches interessante Kunstdetail, vor allem die schönen Reliefgrabsteine früherer Pfarrer.
Die Zwiebelkuppel, deren Vorbild eigentlich der Aurettich ist, war bis 1973 mit Lärchenschindeln eingedeckt. 1854 war eine Turmreparatur notwendig geworden, von der nachstehende Urkunde berichtet.
Der Text der ältesten im Turmknauf vorgefundenen Urkunde aus 1854:
Das Turmkreuz wurde gesteckt unter der Leitung des Herrn Josef Wiesner, Zimmermeisters zu Altheim im Jahre 1854, den 22. Oktober. Renoviert von Herrn Josef Wiesmayr, bürgerlicher Gürtler und Silberarbeiter zu Obernberg um den Preis von 340 Gulden Conventionsmünze.
In der Beilage:
Weil mir Unterzeichneten dieses Schreiben von Herrn Johann Wagner, Schullehrer allhier, zum Verleten in die Pixen übergeben ist worden, so lege ich etliche Zeilen bei, nehmlich den Getraidpreis zu dieser Zeit. Das Scheffel Weizen kostete 38-40 Gulden, das Korn 28-30 Gulden. Die umlaufenden Papiergeldmünzen (.1) sind 10 Kreuzer C. M. Zetteln, die meisten sind bei der müten abgeschnitten, und kostet eins 6 Kreuzer R. W, dann Gulden und Zwei-GuldenBanknoten, auch Fünfer, Zehner, Fünfziger und Hunderter. Keine Tausender habe ich hier nicht gesehen. Wenn man für Papiergeld Silbergeld haben will, muss man 20 Gulden rawatt (Rabatt) zahlen, auch stand in diesem Jahr das Silberagio auf 40 Gulden, es war zu der Zeit, das dass StadtsAnlehen (Staatsanleihe) veranstaltet wurde. Das Kreuz wurde gesteckt von Mathias Schneilinger, Besitzer des Zimmertanningheisl zu Wagnerberg.
Der Martin Schachinger, Thierbauer zu Mittermoos, war zu dieser Zeit geschworener Bürgermeister. Dieses wurde geschrieben und Verlettet am 21. Oktober 1854 zwischen 8 und 10 Uhr abends, von Anton Gatterbauer, Fleischhauerssohn allhier, dessen Nahme am hiesigen Gottesacker auf (dem) Grabsteine noch zu finden sein wird. Mein Alter ist 28 Jahr und 136 Tag.
Anton Gatterbauer
Der Kirchturm aus der Ost-Ansicht. Interessant ist, dass das Fenster unter der Uhr im Gegensatz zu den drei anderen Seiten zugemauert ist.
Seit 1998 verfügt die Pfarrkirche Gurten über eine neue Orgel in barockem Klangstil mit 13 klingenden Registern. Sie besitzt zwei Manuale und ein Pedal, eine rein mechanische Traktur sowie eine Doppelkeilbalganlage zur Windförderung. Ihr strahlender Klang füllt das Kirchenschiff mühelos aus. Die Orgel stammt aus der Werkstätte des international bekannten Orgelbaumeisters Bernhardt H. Edskers aus Wohlen im Aargau in der Schweiz.
Der Marienaltar aus Salzburger Marmor wurde 1779 errichtet, als das Innviertel österreichisch wurde. Dechant Felix Altmann hatte seinen Nachlass dafür bestimmt. Die herrliche barocke Madonna, die über dem Betrachter förmlich zu schweben scheint, ist ein Werk Johann Franz Schwanthalers (1683 - 1762) und stammt aus dem Jahr 1721.
Die heutige Gestalt der Kirche, ein gotischer Bau mit einem saalartige weiten Langhaus, stammt aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Strebepfeiler aus Tuffstein stützen das alte Mauerwerk von außen. Von den beiden Emporen an der Westseite hat man den besten Blick auf Raum und Ausstattung der Kirche. Kanzel und Beichtscgtühle erinnern an eine teilweise Neugotisierung um 1870. Aus 1907 - 1910 stammen die Glasfenster, der Reliefkreuzweg und die Statuen auf dem Isidoraltar in der Seitenkapelle. Der Turm bekam im 18. Jahrhundert einen barocken Aufsatz aus Ziegelmauerwerk und seine eigenwillige Turmzwiebel, die dem Bauformenschatz des bayrischen Barock entstammt. Der Herz-Jesu-Altar ist nachempfunden und stammt aus der Zeit den 2. Weltkrieges.
"Christus im Elend"
aus der Werkstätte von Thomas Schwanthaler. Seit etwa 25 Jahren hat diese Holzplastik eines "Leidenden Heilands" einen Ehrenplatz in der Kirche. Ursprünglich befand sie sich im Freien, unter dem Dachgiebel des abgetragenen hölzernen Wohnhauses des Örlingergutes in Dorf. Die Figur wurde von Fachleuten dem Thomas Schwanthaler zugeordnet, signiert ist sie leider nicht.
Statue von Thomas Schwanthaler, zu Hochaltar gehörig, wir sie zur Osterzeit auf den Tabernakel gestellt.
"Gott Vater mit Weltkugel und Szepter" von Thomas Schwanthaler
Prozessionekreuz von Ferdinand Schwanthaler. Es steht in der Fastenzeit am Hochaltar.